Im Zeichen des guten kimochi: > Wesenzüge des japanischen Verhaltens <

~ Leben in Japan ~
Im Zeichen des guten kimochi:
Wesenzüge des japanischen Verhaltens

Kimochi bedeutet wörtlich „Geist-tragen“, etwas freier übersetzt „wie man seinen Geist trägt“, und umfaßt die Bandbreite der Begriffe Gefühl, Empfindung, Stimmung, Befinden. Japaner streben immer nach einem guten kimochi. Dieses Streben nach Wohlbefinden spielt nicht nur in der Freizeit eine Rolle. Auch im Geschäftsleben trachtet man nach einem „guten kimochi“. Ungeduld ist in Japan keine Tugend. Wem es nicht gelingt sie zu zügeln oder zumindest geschickt zu vertuschen, kreiert unweigerlich eine unbehagliche Atmosphäre. Die dann wiederum jede Aussicht auf ein „gutes kimochi“ und lukratives Geschäft im Keim tötet.

Streben nach Harmonie
Harmonie bedeutet in Japan Wohlordnung, Ebenmaß, Übereinstimmung, Eintracht… Das Harmoniestreben der Japaner gilt geradezu klischeehaft als Kulturgut des Landes, das die runde-ästhetisch formvollendete und in yin und yang einschließende Sonne zum nationalen Sinnbild gewählt hat. Für Japaner bedeutet Harmonie nicht etwa Freizeitmuße als Ausgleich für ein hartes Arbeitsleben, sondern vielmehr einen allumfassenden Zustand. Die feste Ordnung bildet die Grundlage und das Gerüst für Harmonie. Spontaneität, Unwillkürlichkeit, impulshafter innerer Antrieb erscheint den Japanern als Unordnung und Chaos. Selbstbeherrschung führt zu Ordnung und Sicherheit. In Japan gilt die Regel: Wer die Ordnung stört, wer sich nicht an den Kodex hält, wer sich nicht beherrschen kann oder will, der muß mit Sanktionen rechnen. Harmonie gilt eben als hohes Gut, das anzustreben allen auferlegt ist.

Humor, Lächeln und Lachen
Japaner gelten in der Welt als humorlos. In der Öffentlichkeit zeigen sie sich meist ernst oder gar um Würde bemüht, selten sieht man sie lachen. Auch hier unterscheidet man zwischen dem „öffentlichen“ und dem „privaten“ Selbst der Japaner. In der Öffentlichkeit spielt ein Japaner die Rolle, die von ihm erwartet wird. Er zeigt sich von seiner besten Seite, ernst und kontrolliert. Lachen dagegen entsteht meist spontan und somit unkontrolliert. Daher gehört das Lachen in den geschützten privaten Bereich und ist deshalb für Außenstehende nur selten wahrnehmbar. Humor bedeutet in Japan vor allem Entspannung, Entlastung und naives Ausleben in geschützter Atmosphäre. Wer sich entspannen will, sucht eine lockere Atmosphäre, ein leichtes Lachen. In dieser fröhlichen, von den Zwängen der Selbstkontrolle befreiten Leichtigkeit liegt Lachen in der Luft. Da genügt der geringste Anstoß, um anhaltende Heiterkeit auszulösen. Bevor man die Japaner als humorlos brandmarkt, sollte man sich bewußt machen, daß man gewöhnlich nur ihr „öffentliches Selbst“ erfährt, das vom Lächeln, also von der Fassade, und nicht vom Lachen, der „Innenarchitektur“, bestimmt wird. Das Kichern der jungen Japanerinnen, das ausländischen Besuchern oft albern, gelegentlich aber auch reizend erscheint, hat weder mit herzlichem Lächeln noch herzhaftem Lachen zu tun. Das Kichern ist lediglich Ausdruck von Unsicherheit. Vieles in Japan, was peinlich wirkt oder persönlich berührt, wird mit einem Kichern oder verlegenen Lachen entschärft. Daß das persönliche, herzhafte Lachen in der Öffentlichkeit ungehörig ist, erkennt man am Benehmen älterer Frauen, sie halten sich dabei die Hand vor den Mund. Es ziemt sich nicht, beim Lachen den offenen Mund sehen zu lassen und so „Einblick in das Innere“ zu gewähren.

Die Kunst des Ignorierens
Das disziplinierte Betragen japanischer Kinder in der Öffentlichkeit ist bemerkenswert. Selbstverständlich ist es den Kindern nicht in die Wiege gelegt, sondern Ergebnis der Erziehung. Diese beruht - bis auf seltene Ausnahmen - nicht auf Schelte oder Schläge, sondern vielmehr auf dem strategisch eingesetzten Prinzip des Ignorierens. Benimmt sich ein japanisches Kind ungehörig, tun die Eltern so, als hätten sie es nicht bemerkt. Sie reagieren auch dann nicht, wenn das Kind ihnen erneut den Fehdehandschuh zuwirft. Sie ignorieren beharrlich „Täter“ und „Delikt“. Will der Quälgeist die Aufmerksamkeit seiner Eltern wieder auf sich ziehen, hilft ihm weiteres „Nerven“ gar nichts. Irgendwann begreift er, daß er sich „artig“ benehmen muß, damit die Eltern ihn wieder wahr- und annehmen. Die Kunst des Ignorierens ist sozial lebensnotwendig in Japan, diesem Land, in dem viele Menschen auf engstem Raum leben. Da früher die traditionellen Holzhäuser so dicht beieinander standen und die modernen Wohnsilos so hellhörig sind, nimmt man früher wie auch heute ungewollt am Leben der Nachbarn teil. Will man friedlich zusammenleben, muß man nach Kräften ignorieren, was nicht für die eigenen Ohren bestimmt ist. Die Kunst des Ignorierens hat ihre Kehrseite: Während unsere Gesellschaft vom einzelnen ein hohes Maß an Gemeinsinn erwartet, herrscht in Japan der Konsens vor, daß jeder für sich selbst verantwortlich zu sein und sich nicht in das Leben des anderen einzumischen hat. Und damit macht Reinlichkeitsbewußtsein an der eigenen Wohnungs- oder Haustür, im Zug an der Grenze zum Sitznachbarn halt.

Ja und nein
Zustimmung und Ablehnung sind in fast allen Kulturen durch Worte auszudrücken. Die Wörter „ja“ und „nein“ gehören zu den Grundlagen jeder Kommunikation. Wir sagen ungefähr ebenso oft „nein“ ,wie wir „ja“ sagen, d.h. beide Wörter sind im deutschen Sprachgebrauch etwa gleich stark vertreten. Anders im Japanischen: Das Wörtchen hai („ja“) fällt täglich in unendlich vielen Situationen, das bündige iie („nein“) so gut wie nie. Japaner vermeiden es nach Kräften ein „Nein“ auszusprechen, weil eine direkte Ablehnung hart klingt, unhöflich wirkt und somit die Harmonie stört. Um kein unhöfliches „Nein“ aussprechen zu müssen, greifen Japaner zu dem, was wir als Ausflüchte oder Ausreden bezeichnen. „Lassen Sie uns noch einmal darüber nachdenken“, lautet eine höfliche Absage in Situationen, in denen wir vielleicht schlicht und einfach „nein“ sagen würden. Auch das Ignorieren ist eine Möglichkeit eine Ablehnung auszudrücken. Wenn z.B. in einem Brief gefragte Frage im Antwortbrief überhaupt nicht erwähnt wird, hat der Japaner sie nicht einfach vergessen, sondern drückt damit einfach eine höfliche Ablehnung aus. Würde die Frage nun erneut gestellt werden, brächte das den Japaner in arge Verlegenheit, denn damit würde er zu einem klaren, unhöflichen „Nein“ genötigt werden. So unangenehm es ist, Ablehnung zu äußern, so bedenkenlos kann man in jeder Situation „ja“ sagen. Im Japanischen bedeutet ein „Ja“ nicht unbedingt eine Zustimmung zu einer Meinung oder Absicht, sondern es dient lediglich dazu, zu bestätigen, daß man vernommen hat, was der andere sagt. Beim Telefonieren verlangen die Regeln der Höflichkeit, daß der Zuhörer in kurzen Abständen „hai, hai“ wiederholt, damit signalisiert er dem Sprecher, daß er noch am Apparat ist und aufmerksam lauscht. Bleibt diese regelmäßige Rückmeldung aus, wird der Gesprächspartner nach kurzer Zeit seine Rede unterbrechen und fragen: „Moshi-moshi?“, was soviel wie „Bist du noch dran?“ bedeutet.

Mimik und Gestik
Die Mimik beschränkt sich im „öffentlichen“ Bereich auf das Lächeln. Eine andere Mimik ist nicht erwünscht. Empfindungen, sei es Überraschung, Zweifel, Ärger oder Furcht, im Gesichtsausdruck zu verraten, dies ist Japanern peinlich und tunlichst zu vermeiden. Der Sorge, innere Regungen äußerlich unter Kontrolle zu halten, entspringt unter anderem die japanische Gewohnheit, Geschenke nicht vor den Augen des Gebers auszupacken. Diese Sitte befreit sie von der Gefahr, sich angesichts des Inhalts Überraschung oder gar Enttäuschung anmerken zu lassen (und dem bei uns bestehenden Zwang, Freude selbst dann zu bekunden, wenn die Enthüllung nichts weiter auslöst, als die fixe Idee, das Objekt schnellstmöglich umweltfreundlich zu verschrotten). Auch wenn, wie bereits erwähnt, Japanerinnen beim Lachen die Hand vor den Mund halten, geht es nicht darum, schlechte Zähne zu verdecken, sondern die Mimik zu zügeln. Männer pflegen bei Verlegenheit die Luft hörbar durch die Zähne einzuziehen. Wenn sie beim Sprechen überlegen, halten sie oft die letzte Silbe bzw. den letzten Vokal lange fest; in fremden Ohren klingt ihre Rede dann wie eine Komposition aus langgezogenen „Ahs“ und „Ohs“. Diese Gewohnheit entspricht ungefähr dem „äh“, mit dem wir Stockungen im Redefluß zu überbrücken versuchen. Auch Trauer sollte nicht öffentlich hervorgekehrt werden. Wer traurig ist, lächelt. Denn Lächeln ist die öffentlich einzig akzeptable Mimik und damit ein Schleier, der die unterschiedlichsten Gemütsregungen verhüllt. Kein Wunder, daß das Lächeln der Japaner Ausländern unergründlich und rätselhaft erscheint. Während das „offizielle“ Mienenspiel der Japaner so wenige Variationen gestattet, daß wir es zuweilen als maskenhaft empfinden, ist das Repertoire der „typisch japanischen“ Körpersprache breiter. Zu den wichtigsten kommunikativen Handlungen der Japaner zählt das Verbeugen. Japaner verneigen sich an so vielen Orten und Gelegenheiten, daß es unmöglich ist, diese alle aufzuzählen. Andere japanischen Gesten wirken auf uns mitunter komisch. Um ein „Nein“ auszudrücken, das weniger schroff als das verbale Nein ist und durchaus als höflich angesehen wird, wedeln Japaner mit der rechten Hand vor dem Gesicht. Und weil Japaner Ablehnung nur in höchster Not mit Worten ausdrücken, wedeln sie um so häufiger mit der Hand. Oft belächelt wird auch die Geste, mit der Japaner im Gespräch unterstreichen, daß sie die eigene Person meinen: Während wir mit dem Finger auf unsere Brust deuten, zeigen Japaner auf ihre Nase. Wenn wir jemanden heranwinken, so halten wir die Handfläche nach oben, als wollten wir den anderen herbei schaufeln. Japaner winken mit der Handfläche nach unten, als wollten sie den anderen über den Boden zu sich schieben. Ganz besonders ungewohnt wirkt auf uns die Geste, für die unsere Körpersprache kein Pendant kennt: Will man zwischen zwei einander zugekehrten Menschen hindurchgehen, so zieht man die ausgestreckte Hand senkrecht von oben nach unten, als wollte man sich zwischen den beiden einen Weg schneiden. Diese Geste warnt vor der Störung und ist sehr höflich.

…das sind mal so ein paar kleine Sachen das man mal weiß wie es da so zugeht! Sehr introvertiert und gesittet!!!

Einiges davon war mir schon bekannt aber dennoch sehr interessant. Danke fürs posten. 8)

Kannte ich auch schon (Buch: Kulturschock Japan).

Aber irgendwie finde ich, dass dies auch negative Seiten hat. Man weiss bei den ersten Treffen nie, woran man ist, weil einem nie etwas Negatives gesagt wird. Zwar lächeln sie immer, arbeiten wie die Wilden, kritisieren nie den Chef, stimmen immer zu und verneinen selten, aber dann rasten sie nach einigen Monaten mal aus.

Vor 40 Jahren waren die Japaner die typischen Psychopathen, die einfach so ausrasten und Leute angreifen, bzw. töten. Wer immer alles versteckt, nie kritisiert usw. kann schon mal ausflippen, muss aber nicht.

Japanische Geschäftsmänner, die hoch hinauswollen, arbeiten praktisch das ganze Leben lang für ihren Boss, sie wollen auch Boss werden, nehmen pro Jahr, obwohl sie ungefähr fünf Wochen Urlaub zur Verfügung haben, nur etwa eine Woche. Für das lebenslange Arbeiten zahlen die Firmen aber auch die Beerdigungen (zu tote gearbeitet?) der Mitarbeiter!

Ausserdem sind Japaner Fremden gegenüber, die sich dort integrieren wollen, und z. B. auch Japanisch lernen wollen, sehr skeptisch gegenüber. Aber gegen Touristen oder Aufenthalte haben die nichts.

Wow, echt interessant zum Lesen!

Danke fürs posten!

So bekommt man einen guten einblick in andere Kulturen, wie die japanische welche mir zB größtenteils fremd ist

Wirklich sehr interessant zu lesen. Danke für die Mühe Smokey :slight_smile:
So lernt man auch mal Gestiken und Mimiken der Japaner richtig zu deuten. teilweise finde ich es auch sehr gut, aber andererseits hat es auch Nachteile, wie Indrid schon sagte.

gern geschehen.. ich werde gern weiteres zusammentragen. :-)/

Original von Indrid Cold
Kannte ich auch schon (Buch: Kulturschock Japan).

Aber irgendwie finde ich, dass dies auch negative Seiten hat. Man weiss bei den ersten Treffen nie, woran man ist, weil einem nie etwas Negatives gesagt wird. Zwar lächeln sie immer, arbeiten wie die Wilden, kritisieren nie den Chef, stimmen immer zu und verneinen selten, aber dann rasten sie nach einigen Monaten mal aus.

Vor 40 Jahren waren die Japaner die typischen Psychopathen, die einfach so ausrasten und Leute angreifen, bzw. töten. Wer immer alles versteckt, nie kritisiert usw. kann schon mal ausflippen, muss aber nicht.

Japanische Geschäftsmänner, die hoch hinauswollen, arbeiten praktisch das ganze Leben lang für ihren Boss, sie wollen auch Boss werden, nehmen pro Jahr, obwohl sie ungefähr fünf Wochen Urlaub zur Verfügung haben, nur etwa eine Woche. Für das lebenslange Arbeiten zahlen die Firmen aber auch die Beerdigungen (zu tote gearbeitet?) der Mitarbeiter!

Ausserdem sind Japaner Fremden gegenüber, die sich dort integrieren wollen, und z. B. auch Japanisch lernen wollen, sehr skeptisch gegenüber. Aber gegen Touristen oder Aufenthalte haben die nichts.

Dieses Buch habe ich zuhause auch noch irgendwo liegen (^^.) aber bin noch nicht dazugekommen es zu lesen