…man sollte sich als ernsthafter Journalist, Reporter, Schreiber einer Zeitschrift doch fragen, ob eine nachträgliche Abbildung der Mohammed-Karrikaturen Sinn macht, wenn man weiss, dass es heute und in den vergangenen Tage zu immer grösseren Demonstrationen gekommen ist.
Natürlich haben wir das Recht die Bilder zu veröffentlichen, aber ich als Chef oder Boss würde dies nun meinen Mitarbeitern verbieten, man sieht ja selber, was beim Nachdruck der Bilder geschieht.
Es ist an sich nicht die bildliche Darstellung von Mohammed, die für so viel Hass verantwortlich ist (es gibt arabische Filme, in denen Mohammed von Darstellern verkörpert wird), sondern eher das typische Klischee von vielen Menschen aus dem Westen (Araber, bzw. Muslim = Terrorist). Das mögen die meisten der Araber nicht. Ihre wichtigste Figur (nach Allah selbstverständlich) wird zur Witzfigur gemacht, mit einem Turban als Bombe.
Dabei haben die meisten der Menschen die Karikatur selber nicht einmal gesehen. Denn es ist laut ihrer Religion verboten. Ernsthafte arabische Zeitungen und TV-Sender werden die Bilder niemals abdrucken. Die meisten der wütenden Menschen kennt die Story nur vom Hören her. Es ist immerhin fast vier Monate her, als die Bilder zum ersten mal abgedruckt wurden, und es dauerte auch vier Monate, bis die Kenntnis der Bilder in arabischen Ländern durch das Internet sowie andere Wege zu den Menschen gelangt ist.
Eine neuerliche Veröffentlichung in Dänemark hat das Fass nun zum Überlaufen gebracht: Es gab Proteste, Demonstrationen wurden durchgeführt, Flaggen werden beschmutzt und verbrannt, man fordert Entschuldigungen der Regierung, Bombendrohungen gingen bei der Zeitung ein und dänische Waren werden boykotiert. Firmen wie Arla haben letzte Woche deswegen täglich einen Verlust in Millionenhöhe verzeichnet. Anderen Geschäften geht es nicht besser. In Kuwait, Katar und in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurden dänisch Produkte einfach aus den Regalen geworfen. Auch Syrien hat bereits darauf reagiert. Der Blick, eine Schweizer Sendung, hatte, als die zum ersten Mal über die Karikaturen berichteten, auch das entsprechende Bild abgedruckt. Das hat jedoch bis heute niemanden interessiert. In Jordanien wurde der dänische Botschafter einberufen und gerügt. Libyen hat seine Botschaft in Dänemark geschlossen und sich auch an Demonstrationen beteiligt. Ebenfalls aus Riad kam der Befehlt, die Botschafter aus Dänemark heim zu holen.
Im Gazastreifen wurde das sowieso leer stehende Vertretungsgebäude der EU von bewaffneten in Besitz genommen. Dänemark rief seine Bürger zur Vorsicht auf. Das Dänische Rote Kreuz hat sich aus der Gaza-Region bereits zurückgezogen. Auch die Hamas sagte öffentlich, die arabische Welt solle sich der Massnamhen anschliessen. Im Irak kam es zu Protesten.
Der dänische Ministerpräsident Fogh Rasmussen hatte sich von der Veröffentlichung der Karikaturen distanziert und zur Ruhe und Vernunft aufgerufen, denn in Dänemark gab es eine SMS-Kampagne, die davon sprach, muslimische Händler in Dänemark zu boykottieren, und den Koran zu verbrennen. Dass letzteres gar nicht gut gekommen wäre, weiss man spätestens seit einer entsprechenden Meldung einer US-Zeitung und die darauf hin gewalttätigen Proteste in Afghanistan, bei dem über zehn Menschen starben. Auch der Chef-Redakteur hatte sich öffentlich zu den Karikaturen entschuldigt.
Obschon diese Entschuldigungen von der arabischen Liga positiv angesehen wurden, gab es tags darauf nur noch umso grössere Veranstaltungen. Neben Arabern und Iranern protestierten auch grosse Menschenmengen in Asien. In Jemens Hauptstadt gingen über 100’000 Frauen auf die Strasse, um gegen die Karikaturen zu demonstrieren. Dänische Flaggen wurden in Brand gesetzt.
Letzte Woche druckten Zeitungen trotz der eskalierenden Situation die Bilder nach, und zwar in Frankreich (Chef wurde entlassen), Spanien, Italien, Holland, Island und Deutschland. Gestern nahm eine arabische Zeitung sich den Mut, ebenfalls eine der Karikaturen zu veröffentlichen, auch dessen Verantwortlicher wurde fristlos entlassen.
Man geht davon aus, dass die Regierungen und Regimes in den entsprechenden Ländern so heftig dagegen reagieren (Botschafter abziehen usw.), weil man Angst hätte, sonst könne sich der Wut der Bevölkerung gegen die Regierung richten.
Der Iran bestellte den österreichischen Botschafter und protestierte formell gegen die Zeichnungen, auch in Afghanistan gab es Demonstrationen. In den palästinensischen Autonomiegebieten drohten Aufständische, westliche Menschen als Geisel zu nehmen, deren Länder die Bilder abdrucken. Ein Sprecher der Hamas forderte ebenfalls eine Entschuldigung, Ausländer dürfen aber nicht zu schaden kommen.
Ein Deutscher Staatsbürger wurde in Nablus kurzzeitig entführt, konnte aber von der Polizei nicht mal nach einer Stunde befreit werden. Die Seite France-Soir war gestern nicht erreichbar, eine andere Online-Seite, die die Bilder abgedruckt hatte, sei vermutlich von Hackern geknackt worden.
Und heute? Heute war es noch schlimmer, zum Beispiel wurden entsprechende Botschaften angegriffen, in Brand gesteckt und noch vieles mehr:
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5204132_NAV_REF1,00.html
Was sagt ihr dazu? Wenn ihr Boss einer Zeitung wärt, und einer der Schreiber sagt euch, er wolle morgen die Karikaturen in der Zeitung haben, was würdet ihr tun? Abdrucken oder sein lassen? Ich habe meine Meinung dazu ja schon oben geäussert.