The Road to Guantánamo oder: Krieg, und wer darunter leidet

Werdet ihr euch den Film anschauen? Er hat in div. Reviews in Zeitungen, im SPIEGEL und auch auf Outnow.ch sehr gut abgeschnitten. Ich werde ihn mir sicherlich anschauen, da er ernster und nicht so extrem anti-amerikanisch ist wie z. B. Tal der Wölfe.

Sollte der Film hier anlaufen (ich sehe keine Gründe dafür, dass der Film hier in der Schweiz nicht anlaufen sollte, ausser etwa zu wenig Kommerz, zu viel Desinteresse), werde ich ihn mir auf jeden Fall anschauen.

Story:
September 2001. Die Mutter von Asif (Arfan Usman) kommt von ihrer Reise aus Pakistan zurück nach England. Ganz nach Tradition hat sie in einem Dorf in der Nähe von Faisalabad eine Braut für ihren Sohn gefunden. Asif macht sich auch sogleich auf den Weg, doch es fehlt ihm noch etwas Wichtiges: Ein Trauzeuge. Als er in Pakistan ankommt, bittet er seine drei Freunde Ruhel (Farhad Harun), Shafiq (Rizwan Ahmed) und Monir (Waqar Siddiqui), an die Hochzeitsfeier zu kommen. Erfreut über die Einladung machen sich die drei Jungs auf den Weg. Sie werden in Karachi von ihrem Kumpel empfangen, und besuchen dort mit Shafiqs pakistanischem Cousin eine Moschee. Hier bittet sie ein Imam, also ein Vorbeter des islamischen Gebets, doch mit nach Afghanistan zu kommen, um der Bevölkerung dort Hilfe zu leisten. Das klingt für die Freunde nach Abenteuer, und sie sind einverstanden.

Nach einer langen und anstrengenden Reise kommen sie nachts in Kandahar an. Und schon zerreisst der erste Bombendonner die Luft. Die Vereinigten Staaten haben den Krieg gegen die Taliban begonnen. Die Vier reisen weiter in die Hauptstadt Kabul, wo sie von Krankheiten heimgesucht werden, die sie hindern, weiter zu reisen. Der Krieg wird immer heftiger, und zwingt die Abenteurer trotz quälender Schmerzen, den Weg zurück nach Pakistan in Angriff zu nehmen.

Während Tagen irren sie durch das Land, und nähern sich immer mehr den Kampfgebieten, bis sie festgenommen werden. Monir wird aus den Augen verloren, und wochenlang wird das Trio praktisch ohne Wasser und Essen festgehalten. Viele der Mitgefangenen sterben an Hunger, Seuchen oder schlicht aus Sauerstoffmangel in einem Container. Als die Amerikaner schlussendlich die Festgenommenen übernehmen und in ein Flugzeug stecken, geht ein Aufatmen durch die Reihen. Schlimmer als hier kann es in der westlichen Zivilisation ja nicht sein.

Denkste. Die Freunde werden als potenzielle Terroristen nach Kuba auf den US-Stützpunkt Camp Delta in Guantánamo Bay verfrachtet. Und dort geht die Hölle erst richtig los. Der amerikanische Geheimdienst sieht in den Inhaftierten Mitglieder von al Kaida mit Kontakten zu Usama bin Ladin und Mohammed Atta. Die Drei kriegen schlecht aufgenommene Videobänder von Ausbildungscamps vorgezeigt, auf denen sie sich wiedererkennen sollen. Demut und Folter sind an der Tagesordnung. Stündlich werden alle Inhaftierten geweckt, zur „Kontrolle“.

Dass all diese Vorwürfe unhaltbar sind, stellt sich relativ schnell heraus, doch es dauert ganze zwei Jahre, bis Asif, Ruhel und Shafiq wieder freie Luft atmen können. Von Monir fehlt weiterhin jede Spur. Und solch einen Horrortrip steckt man auch nicht einfach so weg…

Rating:
Michael Winterbottom hat mit diesem Film ein so genanntes Dokudrama erschaffen. Die Geschichte der Freunde ist wahr, und sie erzählen sie auch gleich selber. Dazu wird Archivmaterial gezeigt, aber auch nachinszenierte Szenen. Aktueller könnte dieser Film gar nicht sein, denn gerade am Tag nach der Berlinale-Premiere äusserte sich der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, erneut kritisch über das Gefangenenlager in Guantánamo Bay. Und das ist auch die Botschaft des Films. Gibt sich doch die westliche Welt so unbeschreiblich zivilisiert und überlegen, und foltert gleichzeitig, so wie es unsere Vorfahren vor 400 Jahren taten.

The Road to Guantánamo kümmert sich nicht um Politik. Die Perspektive ist eindeutig und unmissverständlich die der pakistanischen Unglücksraben. Durch diese subjektive Art stört es auch kaum, dass keinerlei Versuche unternommen wurden, die Geschichte aus der Sicht der Amerikaner darzustellen. Auch britische Offiziere vernehmen die Gefangenen, welche immer das gleiche Ritual über sich ergehen lassen müssen. Dabei ist der Interrogator stets immer zuerst der „Freund“, der nur helfen will, und sich für eine Freilassung einsetzen wird. Man solle doch nur endlich zugeben, al Kaida anzugehören.

Ob man dies tut, oder nicht, spielte schlussendlich gar keine Rolle. Einige taten es mit der Hoffnung auf einen Gerichtsprozess, andere hielten dem Druck stand. „Gibt man etwas zu, so wollen sie gleich darauf das nächste Geständnis“, so Shafiq Rasul. „Gibst du zu, der Kaida anzugehören, wollen sie wissen, wo sich bin Ladin versteckt. Lächerlich.“

So ging es auch dem Publikum. Ein groteskes Lachen ging durch den Berlinale-Palast, als der amerikanische Offizier auf einen pixeligen Bildschirm zeigt, auf dem sich hunderte von Personen befinden, und auf dem sich Shafiq wiedererkennen soll. Man konnte kaum die Haarfarbe der abgebildeten Gestalten erkennen, doch offensichtlich meinte es der Offizier ernst. Solche und viele andere Situation lösten nur blankes Kopfschütteln aus. Erstaunlich, was für Theorien erfunden wurden, um den Häftlingen aufzuzeigen, dass sie Terroristen sind.

The Road to Guantánamo ist keine leichte Kost. Zurecht mit dem silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet, setzt der Film ein Zeichen für die immer noch in Guantánamo inhaftierten Terrorverdächtigen, von denen laut den Protagonisten kein einziger in Terrornetzwerke verwickelt ist. Allen, die sich für die Nahost-Politik interessieren, und die den weit verbreiteten Hass der islamischen Welt auf den Westen ein wenig besser zu verstehen versuchen, sei der Film wärmstens empfohlen.

Entschuldigt den Doppelpost, aber interessiert sich gar niemand für diesen Film? Es handelt sich hierbei ja auch um eine Art Mischung von Dokumentar- und Spielfilm. Sollte der Film hier anlaufen, werde ich ihn mir sicherlich anschauen. Weiss jemand, ob der Film in Deutschland schon läuft? Oder ob er demnächst dort auch in die Kinos kommt (oder eben nicht)?

Original von Indrid Cold
Entschuldigt den Doppelpost, aber interessiert sich gar niemand für diesen Film? Es handelt sich hierbei ja auch um eine Art Mischung von Dokumentar- und Spielfilm. Sollte der Film hier anlaufen, werde ich ihn mir sicherlich anschauen. Weiss jemand, ob der Film in Deutschland schon läuft? Oder ob er demnächst dort auch in die Kinos kommt (oder eben nicht)?

Ich glaub in england gibet schon ne dvd dazu > und der film lief afaik auch recht erfolgreich auf der letzten berlinale

mfg

Ich habe mir heute den Film angesehen. Anschaulich und ernst. Der Film ist ein Gemisch aus Interviw-Ausschnitten der drei Briten, die monatelang auf Kuba gefangen gehalten wurden. Nachgestellte authentisch wirkende Szenen lockern das ganze etwas auf. Und dazu gibt es Ausschnitte aus Nachrichten, beispielsweise aus dem Afghanistankrieg, oder wie Bush und Rumsfeld das KZ auf Kuba rechtfertigen („alles Mörder“, „wir beachten die Genfer Konventionen“ usw.).

Ein Pakistaner, der in Grossbritannien aufgewachsen ist, reist nach Pakistan zu seinem Vater um eine Frau zu heiraten. Drei Freunde reisen nach. In Pakistan beschliessen sie, nach Afghanistan zu fahren, um dem Volk dort irgendwie zu helfen, die Meiden sprächen davon, dass das Land nicht angegriffen würde. Doch als sie sich mitten in Afghanistan befinden, beginnt der Angriff der Amerikaner. Die Reise sowie die Verhältnisse sind katastrophal. Man beschliesst, jemanden zu finden, der sie zurück nach Pakistan bring, doch der Kleinbus, der angeblich dafür gedacht ist, bringt die vier Jungs zusammen mit potenziellen Kämpfern an die Front. Viele sterben, einer der vier Jungs geht verloren, und für die Überlebenden beginnt erst Recht der Schrecken. Von der Nordallianz gefangen genommen, demütig behandelt, beraubt und wie Tiere in einen LKW gesperrt, werden sie stundenlang durch die Gegend kutschiert. Diejenigen, die noch leben, kommen in ein Gefängnis. Am Ende werden sie den US-Truppen übergeben, die den drei Jungen natürlich kein Wort glauben, obschon man bei der Familie der drei einfach nachfragen könnte.

Am Ende landen sie auf Kuba, zuerst in der ersten Version des Gefängnisses, danach im etwas moderneren Knast der Insel. Immer und immer wieder werden sie denselben Scheiss gefragt, und das muss der wahre Horror gewesen sein. Die Soldaten zeigen ihnen bei den Verhören Bilder und Videos von Bin Laden-Reden und sagen, dass die Jungen da auch dabei seien, obschon diese nachweisen können (durch Beruf und Familie), dass sie zu dieser Zeit in Grossbritannien waren. Man versucht natürlich die drei gegeneinander auf zu hetzten, im Sinne von „die anderen beiden sagten, die gehörst zur El Kaida“, oder mit falschen Interpol-Blättern über Verdächtige Personen. Doch das alles nutzt nichts, sie erzählen den Ermittlern immer wieder dasselbe.

Am Ende werden noch zwei, drei Texttafeln eingeblendet, und wer die drei Briten in den Interview-Ausschnitten sieht, sieht vollbärtige, fromme und gläubische Muslime, frommer zur Religion des Islam berufen, als sie es vor ihrer Inhaftierung waren.

Es gab nie eine Entschuldigung, und selbst als die mit einem Bus aus dem KZ von Kuba zum Flugzeug gefahren wurden, gab keiner der Amerikaner zu, dass dies ein Irrtum war. Von den noch ca. 500 Männern, die dort festgehalten werden, gab es bis heute noch nicht einmal zehn offizielle Anklagen.