Ich versteh diesen Whataboutismus nicht.
Vieles, was heute als “linksradikal” verschrien ist, ist zwar ein radikaler Gegenentwurf zum vorherrschenden Neoliberalismus, und will herrschende Eliten entmachten. Es will dies aber im Einklang mit dem Grundgesetz. Im Einklang mit den Menschen- und Bürgerrechten.
Und es geht ja nicht einmal darum, jemanden wirklich etwas wegzunehmen. Es geht nicht darum, die Aldi-Inhaber zu enteignen (außer vielleicht für ein paar wirklich radikale Spinner), sondern z.B. durch Erbschaftssteuer jedem Menschen dieselben Chancen zu geben - Chancen, die man laut Menschenrechte haben sollte, aber im aktuellen System nicht wirklich gegeben sind.
Demgegenüber stehen Kräfte, die die Grundordnung, unser Grundgesetz überwinden wollen. Manche durch pure Gewalt - sei es RAF oder NSU - und manche, indem sie den Staat und seine Instrumente missbrauchen. Historisch die NSDAP und sicherlich auch die KPD in der Weimarer Republik.
Aktuell aber eben vor allem die AfD (laut Verfassungsschutz).
Da kann man natürlich “Was ist mit den Linksradikalen” fragen, vor allem um vom Rechtsextremismus abzulenken, aber die Antwort ist recht einfach: Wer sich auf eine Straße klebt, will niemanden tot sehen. Wer freitags die Schule schwänzt, tut dies (sofern politisch motiviert), weil er für sich und nachfolgende Generation eine Zukunft haben möchte. Nicht, weil er anderen die Zukunft nehmen will.
Man könnte fragen, “Was ist mit Linksextremisten”, aber MLPD oder die Anarchosyndikalisten sind aber vollkommen irrelevant. Demgegenüber stehen vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte AfD, die bei den nächsten Landes- und Bundestagswahlen tatsächlich nicht nur Sperrminoritäten, sondern echte Mehrheiten erlangen könnte. Und wie gut ein demokratischer Staat von einer skrupellosen Regierung ausgehöhlt werden kann, sehen wir in den Vereinigten Staaten.
Davon mal ganz abgesehen sind wir spätestens seit Kant dabei immer mehr den Menschen und die Freiheit des anderen in den Fokus zu rücken. Der sogenannte “Linksradikalismus” ist hier eigentlich nicht radikaler als die Abschaffung von Sklaverei oder Einführung von Frauenrechten. Radikal ist eher, wie sich eine Minderheit von insbesondere wohlhabenden Eliten sich dagegen wehrt.